Polen verurteilt "beispiellosen Sabotageakt" nach Explosion an Bahnstrecke
Die Regierung in Polen hat die Explosion an einer wichtigen Bahnstrecke in Richtung Ukraine als Fall von Sabotage angeprangert. "Eine Bahnstrecke zu sprengen, ist ein beispielloser Sabotageakt", erklärte Regierungschef Donald Tusk am Montag im Onlinedienst X. Der polnischen Staatsanwaltschaft zufolge besteht der Verdacht, dass die Sabotage "terroristischer Natur" sei und mutmaßlich "im Auftrag eines ausländischen Geheimdienstes" ausgeführt worden sei.
Tusk hatte sich zunächst nicht zu den mutmaßlichen Drahtziehern geäußert. Polen wirft jedoch Russland vor, hinter mehreren Sabotageversuchen auf seinem Territorium zu stecken. Moskau streitet dies ab.
Der am Vortag entdeckte Schaden habe direkt auf "die Sicherheit des polnischen Staates und seiner Bürger" abgezielt, erklärte Tusk. Zudem sei die beschädigte Schienenstrecke, die täglich von 115 verschiedenen Zügen befahren werde, "für für den Transport von Hilfsgütern in die Ukraine" von "entscheidender Bedeutung".
Die Explosion ereignete sich in dem Ort Mika auf der Strecke zwischen Warschau und Lublin. Der Ort liegt etwa 100 Kilometer südöstlich der polnischen Hauptstadt. Ziel des Anschlags sei es vermutlich gewesen, einen Zug zum Entgleisen zu bringen, ergänzte Tusk nach einem Besuch vor Ort. Ein Zugführer hatte den Schaden jedoch rechtzeitig bemerkt und Alarm geschlagen. Verletzt wurde niemand.
"Wir werden die Täter fassen, egal wer ihr Auftraggeber ist", erklärte Tusk bei X. Später kündigte er an, dass der Nationale Sicherheitsrat am Dienstag über den Vorfall beraten werde.
Die polnische Staatsanwaltschaft erklärte am Montagabend, sie habe eine Untersuchung eingeleitet. Innenminister Maciej Kierwinski sagte vor Journalisten, die Explosion sei durch ein Kabel ausgelöst worden. Ein Teil davon sei am Tatort entdeckt worden. Der Innenminister erwähnte zudem zwei weitere Vorfälle, die seitdem auf derselben Bahnstrecke gemeldet worden seien und nun untersucht würden.
Kierwinski zufolge wurde in der Nähe der Stadt Pulawy eine Oberleitung auf einer Länge von mehreren Dutzend Metern beschädigt, infolgedessen habe ein Zug anhalten müssen. Einige hundert Meter weiter wurde demnach ein Hindernis auf eine der Schienen gelegt. Dies sei aber ohne Folgen geblieben.
Wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP vor Ort feststellten, waren die Gleise am Montag bereits repariert. Das Gebiet wurde von Polizisten und Bahnbeamten abgesichert.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte sagte in Brüssel, die Nato und Polen stünden in der Angelegenheit in einem intensiven Austausch. Es müsse aber zunächst das Ergebnis der Untersuchung abgewartet werden.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte indes vor "zunehmenden und realen" Bedrohungen für die Sicherheit in der EU. Sie forderte die EU-Staaten auf, "dringend die Fähigkeiten zum Schutz unseres Luftraums und unserer Infrastruktur zu erhöhen".
Derweil bekundete der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha dem "befreundeten Polen" die Solidarität der Ukraine. Kiew werde Warschau bei den laufenden Ermittlungen unterstützen, "falls darum gebeten". Aus seiner Sicht könnte es sich um "einen weiteren hybriden Angriff Russlands handeln, um die Reaktionen zu testen".
Polen ist ein wichtiges Drehkreuz für Hilfslieferungen in die Ukraine. Das EU- und Nato-Mitgliedsland hat Grenzen zur Ukraine, zu Russlands Verbündetem Belarus und zur russischen Exklave Kaliningrad. Die meisten Waffen- und Munitionslieferungen westlicher Staaten an die Ukraine erfolgen über Polen. Das Land ist ein wichtiger Unterstützer der Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg.
L.Pichler--NWT