Urheberrechte im KI-Zeitalter: OpenAI verliert vor Gericht gegen die Gema
Der ChatGPT-Entwickler OpenAI hat vor dem Münchner Landgericht eine Niederlage gegen die Verwertungsgesellschaft Gema erlitten. Das auf Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte US-Unternehmen habe im Fall mehrerer bekannter Lieder die entsprechenden Texte in seinem Chatbot "unberechtigt" vervielfältigt, teilte das Landgericht München I am Dienstag mit. Die Gema begrüßte die Entscheidung: Menschliche Kreativleistungen seien "keine Gratisvorlage". OpenAI kündigte an, weitere Schritte zu prüfen. (Az. 42 O 14139/24)
Das Urteil betrifft nach Gerichtsangaben die Liedtexte neun bekannter deutscher Urheberinnen und Urheber - darunter etwa der von Helene Fischer bekannte Song "Atemlos" der Komponistin Kristina Bach oder "Wie schön, dass du geboren bist" von Rolf Zuckowski. Die Gema kritisiert, dass die Liedtexte Nutzern des KI-Chatbots als Antworten - sogenannte Outputs - ausgegeben wurden, ohne dass entsprechende Lizenzen erworben wurden und war deshalb vor Gericht gezogen.
OpenAI wiederum hatte in der Verhandlung argumentiert, dass seine Sprachmodelle keine spezifischen Trainingsdaten speichern oder kopieren würden. Stattdessen würden sie nur wiedergeben, was sie basierend auf dem gesamten Trainingsdatensatz erlernt hätten. Und da die Outputs nur als Folge der Eingabe sogenannter Prompts der Nutzer generiert würden, sei nicht das Unternehmen, sondern der jeweilige Nutzer für die Outputs verantwortlich.
Das Landgericht entschied nun allerdings, dass "sowohl durch die Memorisierung in den Sprachmodellen als auch durch die Wiedergabe der Liedtexte in den Outputs" Eingriffe in die urheberrechtlichen Verwertungsrechte vorlägen. Durch die Vervielfältigungen im Modell werde in das Verwertungsrecht der Rechteinhaber eingegriffen.
Die Gema wertete diese Entscheidung als "Meilenstein auf dem Weg zu einer fairen Vergütung für Urheberinnen und Urheber in ganz Europa". Mit dem Urteil seien zentrale Rechtsfragen für das Zusammenspiel einer neuen Technologie mit dem europäischen Urheberrecht erstmals geklärt worden. "Auch Betreiber von KI-Tools wie ChatGPT müssen sich an das Urheberrecht halten", erklärte Gema-Chef Tobias Holzmüller nach der Urteilsverkündung.
Das Gericht habe deutlich gemacht, dass OpenAI keine privilegierte Forschungsorganisation sei und die gesetzliche Erlaubnis für das sogenannte Text- und Data Mining nicht die Speicherung und Ausgabe geschützter Liedtexte rechtfertige, führte die Gema weiter aus. Das Gericht habe bestätigt, dass hierdurch eine Lizenzpflicht entstanden sei.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wertete die Entscheidung als "Etappensieg des Urheberrechts". Nach dem Urteil sei klar, "dass das KI-Unternehmen für KI-erzeugte Vervielfältigungen verantwortlich ist und nicht der Nutzer". Von dem Urteil gehe eine Signalwirkung aus, die auch journalistische Texte umfasse.
OpenAI kündigte nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Münchener Landgerichts an, weitere Schritte in Erwägung zu ziehen. Zudem verwies das Unternehmen darauf, dass die Entscheidung nur eine begrenzte Anzahl von Liedtexten betreffe und keine Auswirkungen habe "auf die Millionen Menschen, Unternehmen und Entwickler in Deutschland, die unsere Technologie täglich nutzen".
OpenAI respektiere die Rechte von Urhebern und Rechteinhabern, erklärte das Unternehmen. Mit vielen Organisationen auf der ganzen Welt gebe es produktive Gespräche, "damit auch sie von den Möglichkeiten dieser Technologie profitieren können".
Das US-Unternehmen zählt zu den weltweiten Marktführern bei generativer KI. Nach seinen Angaben nutzen rund 700 Millionen Menschen pro Woche den Chatbot ChatGPT.
A.F.Ebner--NWT